Rückabwicklung einer Rürup-Rente – Voraussetzungen, Urteile und Folgen
Die Rürup-Rente (Basisrente) ist eine staatlich geförderte Altersvorsorge, die insbesondere für Selbstständige attraktiv sein sollte.
Ihr wesentliches Merkmal – neben Steuervergünstigungen während der Einzahlungsphase – ist jedoch die fehlende Flexibilität: Einmal eingezahltes Kapital kann nicht vor Rentenbeginn entnommen werden, es gibt keine reguläre Kündigung mit Auszahlung eines Rückkaufswertes und ohne zusätzliche Vereinbarungen, sind die Verträge auch nicht vererbbar!
Versicherungsnehmer, die aus ihrer Rürup-Rente aussteigen möchten, hatten lange Zeit kaum eine Option außer der Beitragsfreistellung.
In den letzten Jahren haben jedoch zahlreiche Gerichtsentscheidungen – vor allem vom Bundesgerichtshof (BGH) und Oberlandesgerichten (OLG) – einen Widerruf mit anschließender Rückabwicklung als Ausweg bestätigt.
Im Folgenden werden die rechtlichen Voraussetzungen für eine Rückabwicklung, aktuelle Urteile und die Folgen für Versicherungsnehmer – inklusive steuerlicher und wirtschaftlicher Konsequenzen – umfassend dargestellt.
Juristische Voraussetzungen für die Rückabwicklung einer Rürup-Rente
Ein Widerruf (bzw. Widerspruch) des Rürup-Vertrags mit der Folge der vollständigen Rückabwicklung ist nur unter bestimmten formalen Bedingungen möglich. Insbesondere müssen beim Vertragsschluss Fehler passiert sein, durch die die üblichen Widerrufsfristen nicht zu laufen begonnen haben.
Die wichtigsten Konstellationen, die einen späten Widerruf ermöglichen, sind unter anderem:
>> Fehlerhafte Widerrufsbelehrung
Wurde der Kunde bei Vertragsabschluss nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt, beginnt die 30-tägige Widerrufsfrist nicht zu laufen.
In der Praxis haben viele Versicherer – besonders in den Jahren 2008 bis 2010 – fehlerhafte Widerrufsbelehrungen verwendet. Typische Fehler waren z. B. unklare Formulierungen oder fehlende Hinweise auf die Widerrufsfolgen (etwa, dass im Widerrufsfall alle Prämien plus gezogene Nutzungen zurückzuerstatten sind).
Der BGH hat klargestellt, dass in solchen Fällen ein Vertrag zeitlich unbegrenzt widerrufbar bleibt.
So entschied er z. B. im Januar 2024, dass bei einer Rürup-Rente aus 2008 die Belehrung der AachenMünchener (heute Generali) fehlerhaft war und der 2020 erklärte Widerruf daher nicht verfristet war.
Bereits im Oktober 2023 hatte der BGH ähnlich zugunsten eines Kunden entschieden, der einen Allianz-Rürup-Vertrag von 2009 im Jahr 2020 widerrief.
In beiden Fällen bestätigte das höchste Gericht, dass die Verträge wegen der Belehrungsfehler noch Jahre nach Abschluss widerrufen und rückabgewickelt werden können.
>> Unvollständige Verbraucherinformationen
Neben der Belehrung selbst können auch fehlende oder unvollständige Vertragsinformationen dem Kunden ein „ewiges“ Widerrufsrecht verschaffen. Versicherer sind gesetzlich verpflichtet, bei Vertragsunterzeichnung umfangreiche Verbraucherinformationen bereitzustellen (Produktinformationen, Hinweise auf Garantiefonds, Vertragsbedingungen etc.).
Fehlt z. B. der Hinweis, ob der Lebensversicherer einer Sicherungseinrichtung (Protektor) angehört, so gilt der Informationspflicht als verletzt.
In einem Fall vor dem OLG Karlsruhe war genau dies der Grund dafür, dass der Widerspruch noch Jahre später als wirksam anerkannt wurde – obwohl die Widerrufsbelehrung an sich korrekt gewesen war.
Das Gericht entschied, dass die fehlende Angabe zu einer Sicherungseinrichtung den Fristlauf hinderte, sodass unabhängig von der Belehrung ein Widerspruch auch nach langer Zeit möglich ist.
Diese Auffassung hat zunächst in der obergerichtlichen Rechtsprechung kontroverse Diskussionen ausgelöst, wurde aber durch aktuelle Entscheidungen untermauert. Auch das OLG Köln hat etwa 2022/2023 festgestellt, dass unvollständige Verbraucherinformationen (z. B. fehlende Unterlagen oder Angaben) das Widerrufsrecht fortbestehen lassen können.
>> Weitere formale Mängel
Jede Abweichung von den gesetzlichen Formerfordernissen beim Vertragsschluss kann relevant sein. So begründet etwa eine fehlende oder widersprüchliche Widerrufsbelehrung ebenfalls ein unbefristetes Widerrufsrecht.
Entscheidend ist, ob die Widerrufsfrist jemals in Gang gesetzt wurde. Wurde der Vertrag z.B. nach dem sog. Policenmodell (Versendung der Unterlagen nach Vertragsbeginn) geschlossen und erhielt der Kunde nicht alle vorgeschriebenen Informationen rechtzeitig, kann auch dies einen Widerspruch noch nach Jahren ermöglichen.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass „formelle Mängel“ beim Zustandekommen des Vertrags – etwa fehlerhafte Belehrungen oder unvollständige Unterlagen – die Tür für eine spätere Rückabwicklung öffnen.
Die Gerichte verlangen freilich den konkreten Nachweis solcher Fehler im individuellen Vertrag.
Es ist daher ratsam, Rürup-Vertragsunterlagen von einem spezialisierten Anwalt prüfen zu lassen, um die Erfolgsaussichten eines Widerrufs einschätzen zu können.
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kostenlose Prüfung startenGespräch vereinbarenHinweis: Neben diesen formaljuristischen Ansätzen existiert mitunter auch die Möglichkeit, einen Rürup- Vertrag wegen Falschberatung rückabzuwickeln. Wenn also der Versicherungsvertreter oder Berater den Kunden bei Abschluss unzureichend über die strikten Einschränkungen einer Rürup-Rente (keine Kapitalauszahlung, keine Vererbbarkeit etc.) aufgeklärt hat, kann ein Schadensersatzanspruch bestehen.
In diesem Fall würde der Vertrag rückabgewickelt, als wäre er wegen Beratungsfehlers gar nicht erst abgeschlossen worden. Dieser Weg erfordert aber das Nachweisen einer Verletzung der Aufklärungs- und Beratungspflichten und ist getrennt von dem hier behandelten Widerrufsrecht zu betrachten.
Aktuelle Rechtsprechung: BGH- und OLG-Urteile
Die Frage der Rürup-Rückabwicklung hat jüngst die Gerichte vielfach beschäftigt. Leitentscheidungen fielen insbesondere beim BGH, der 2023 und 2024 stärkte. Beispielsweise hat der BGH am 11.10.2023 die Revision der Allianz Lebensversicherung zurückgewiesen und damit ein Urteil des OLG Stuttgart bestätigt, das die Rückabwicklung eines Allianz-Rürup-Vertrags anordnete.
In diesem Fall aus dem Jahr 2009 hatte der Kunde 2020 widerrufen; das OLG befand die Belehrung als fehlerhaft und die Verbraucherinformationen als lückenhaft, sodass die Widerrufsfrist nie zu laufen begann. Der Widerruf war somit noch nach über 10 Jahren möglich und führte zur vollständigen Rückabwicklung.
Die Allianz argumentierte erfolglos, der Widerruf sei rechtsmissbräuchlich, weil der Kunde über Jahre hohe Beiträge eingezahlt, Steuervorteile genutzt und erst dann widerrufen habe.
Dieser Einwand wurde vom OLG als unbegründet abgetan – ebenso wenig sah der BGH darin einen Hinderungsgrund. Lediglich in extremen Ausnahmefällen kommt nach ständiger BGH-Rechtsprechung ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen Verwirkung oder Rechtsmissbrauch in Betracht; die Hürden hierfür sind sehr hoch.
Am 24.01.2024 entschied der BGH in einem weiteren Fall (Az. IV ZR 306/22) zugunsten einer Versicherungsnehmerin, die ihre Generali-Basisrente von 2008 im Jahr 2020 widerrufen hatte. Der BGH stellte fest, dass die damals verwendete Widerrufsbelehrung „offensichtlich und eindeutig“ fehlerhaft war und daher ein Widerruf noch wirksam erklärt werden konnte.
Damit bestätigte das Gericht, dass auch Rürup-Verträge nicht von den allgemeinen Verbraucherschutzregeln ausgenommen sind: Fehlt eine ordnungsgemäße Belehrung, bleibt das Widerrufsrecht bestehen. In diesem Verfahren musste zwar das OLG Zweibrücken im Nachgang noch prüfen, ob ausnahmsweise eine Verwirkung vorlag, doch der BGH merkte an, dass Verwirkung bei Widerruf nur in besonderen Ausnahmefällen greift . Praktisch bedeutet dies: Die allermeisten Versicherungsnehmer können auch nach vielen Jahren noch widerrufen, wenn formale Fehler beim Abschluss nachweisbar sind.
Auch auf OLG-Ebene gab es wichtige Urteile: Das OLG Karlsruhe verurteilte 2019 die Nürnberger Lebensversicherung zur Rückabwicklung zweier Rürup-Renten, weil die Verbraucherinformationen unvollständig waren. Das OLG Köln entschied 2023 in einem ähnlichen Sinne zugunsten eines Kunden mit einer Basisrente der HDI.
Diese Urteile zeigen, dass die Instanzgerichte vermehrt die BGH- Linie umsetzen. Zusammenfassend herrscht nun Klarheit: Ein „ewiges Widerrufsrecht“ gibt es nicht nur bei klassischen Lebensversicherungen, sondern ausdrücklich auch bei Rürup-Verträgen – sofern die genannten Voraussetzungen (fehlerhafte Belehrung oder Informationsmängel) erfüllt sind.
Rechtsfolgen einer erfolgreichen Rückabwicklung
Ist der Widerruf erfolgreich erklärt worden und vom Versicherer akzeptiert (bzw. gerichtlich durchgesetzt), wird der Rürup-Vertrag rückabgewickelt. Juristisch betrachtet wird der Vertrag so behandelt, als hätte er nie bestanden. Für den Versicherungsnehmer ergeben sich daraus folgende Konsequenzen:
- Beendigung aller Pflichten: Der Versicherungsnehmer muss ab Widerruf keine weiteren Beiträge mehr zahlen. Bereits erteilte Lastschrifteinzüge oder Daueraufträge können eingestellt werden. Zukünftige Rentenansprüche aus dem Vertrag entfallen im Gegenzug – der Vertrag ist aufgehoben.
- Rückzahlung der eingezahlten Prämien: Zentrales Ergebnis der Rückabwicklung ist, dass der Versicherer sämtliche vom Kunden gezahlten Beiträge zurückerstatten muss. Dies umfasst alle Einzahlungen (Regelbeiträge und etwaige Sonderzahlungen/Zuzahlungen). In der Praxis entspricht dies mindestens dem Rückkaufswert des Vertrags, oft sogar mehr.
- Bei einer Rürup-Rente ist ein regulärer Rückkaufswert vertraglich zwar ausgeschlossen, aber im Widerrufsfall wird dem Kunden ein solcher „Rückkaufswert“ dennoch ausgezahlt – denn der Vertrag wird ja rückwirkend aufgehoben.
Wichtig: Anders als bei einer normalen Kündigung werden dem Kunden auch Abschluss- und Vertriebskosten erstattet, die der Versicherer ursprünglich von den Beiträgen einbehalten hat.
Mit anderen Worten: Provisionen und Abschlussgebühren trägt im Endeffekt der Versicherer, nicht der Kunde. So erhielt etwa ein Allianz-Kunde nach erfolgreichem Widerruf den ungezillmerten Rückkaufswert ausgezahlt – also den Vertragswert ohne Abzug der zuvor einkalkulierten Abschlusskosten.
. - Nutzungsersatz (Zinsen/Gewinnbeteiligung): Darüber hinaus muss das Versicherungsunternehmen alle gezogenen Nutzungen herausgeben. Darunter versteht man vereinfacht die Erträge, die der Versicherer mit den Beiträgen des Kunden erwirtschaftet hat.
Konkret gehören dazu vor allem Zinsen auf das angelegte Kapital und Überschussbeteiligungen aus dem Versicherungsvertrag. Die Rückabwicklung fällt dadurch für den Kunden finanziell noch vorteilhafter aus – er bekommt nicht nur nominal seine Einzahlungen zurück, sondern auch eine Verzinsung bzw. Gewinnanteile, die sein Geld zwischenzeitlich erwirtschaftet hat.
Im Allianz-Fall wurde die Versicherung nachträglich sogar zur Zahlung zusätzlicher Zinsen verurteilt, über das hinaus, was das Berufungsgericht bereits zugesprochen hatte.
Der Auszahlungsbetrag bei Rückabwicklung setzt sich somit typischerweise zusammen aus allen gezahlten Prämien plus erwirtschafteten Erträgen.
Lediglich für tatsächlich genossenen Versicherungsschutz während der Vertragslaufzeit dürfen gewisse Beträge einbehalten werden (z. B. Risikobeiträge für einen ggf. mitversicherten Todesfallschutz oder geringe Verwaltungskosten). Diese Posten fallen im Vergleich zum Gesamtrückfluss jedoch kaum ins Gewicht, insbesondere wenn hohe Abschlusskosten erstattet und Zinsen hinzugerechnet werden. - Kosten des Vertrags und des Rechtsstreits: Nach einer erfolgreichen Rückabwicklung werden auch die vertraglichen Belastungen rückgängig gemacht. So entfällt etwa ein anfänglich vereinbarter Rürup-Rabatt auf die Steuer (siehe unten) im Nachhinein. Etwaige Darlehen zur Finanzierung von Einmalbeiträgen sind obsolet, da das Kapital zurückfließt.
Wenn die Rückabwicklung gerichtlich erstritten wurde, trägt der unterlegene Versicherer in der Regel größtenteils die Verfahrenskosten. Viele Kläger können zudem eine Rechtsschutzversicherung in Anspruch nehmen, sodass das Kostenrisiko begrenzt ist.
Insgesamt verbessert sich die finanzielle Situation des Versicherungsnehmers durch die Rückabwicklung meist deutlich, insbesondere wenn der Vertrag zuvor hohe Kosten verursachte oder schlecht rentierte.
Zusammenfassend bedeutet die Rückabwicklung für den Versicherten: Er kommt vorzeitig an sein Geld, das in der Rürup-Rente gebunden war, und zwar brutto – also inklusive der vom Versicherer erwirtschafteten Nutzungen und abzüglich nur geringer Risikokosten. Dieses Ergebnis ist erheblich günstiger, als der Verlauf bei einer regulären Vertragsbeendigung (Kündigung) wäre, die im Rürup- Bereich praktisch keine Auszahlung vorsieht.
Die Gerichte haben damit einen Weg geschaffen, aus der „lebenslangen“ Bindung einer Basisrente auszusteigen, wenn beim Vertragsschluss nicht alles mit rechten Dingen zuging.
Steuerliche und wirtschaftliche Konsequenzen
Trotz der Vorteile einer Rückabwicklung darf nicht übersehen werden, dass Rürup-Renten steuerlich begünstigt sind – und diese Begünstigungen bei einer Vertragsauflösung meist rückgängig gemacht werden müssen.
Konkret heißt das: Alle steuerlichen Vorteile, die der Versicherungsnehmer durch seine Beiträge erhalten hat (Sonderausgabenabzug nach § 10 EStG), gehen verloren und müssen ans Finanzamt zurückgezahlt werden. In der Praxis wird das Versicherungsunternehmen über die erfolgte Rückabwicklung und Beitragsrückzahlung informieren, woraufhin das Finanzamt die betroffenen Steuerbescheide nachträglich ändert. Der zuvor gewährte Sonderausgabenabzug für die Rürup-Beiträge entfällt rückwirkend, was zu einer Steuernachzahlung führt.
Allerdings gibt es eine Einschränkung durch die Verjährungsfristen im Steuerrecht: Steuerbescheide können nur innerhalb der Festsetzungsverjährung geändert werden. Nach einem Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf (Az. 10 K 2843/20 E) beträgt diese Frist für solche Rückforderungen grundsätzlich drei Jahre. Das bedeutet, dass ältere Steuervorteile unter Umständen nicht mehr zurückgefordert werden können, wenn sie außerhalb des Dreijahreszeitraums liegen.
Wer also z.B. seit 2010 Rürup-Beiträge abgesetzt hat und 2024 den Vertrag widerruft, muss damit rechnen, die jüngeren Begünstigungen (etwa 2021–2023) zurückzuzahlen, während sehr alte Steuererstattungen ggf. verjährt und unangetastet bleiben. In jedem Fall sollten Versicherungsnehmer finanzielle Rücklagen für mögliche Steuernachforderungen einplanen, um liquiditätsmäßig vorbereitet zu sein.
Weiterhin ist zu beachten, dass eventuell ausgezahlte Zinsen bzw. Nutzungsentschädigungen im Rahmen der Rückabwicklung steuerpflichtig sein können. Die vom Versicherer herausgegebenen Zinserträge stellen für den Kunden grundsätzlich Einkünfte aus Kapitalvermögen dar, die der Abgeltungssteuer (bzw. dem individuellen Einkommenssteuersatz) unterliegen könnten. Die genaue steuerliche Behandlung sollte mit einem Steuerberater geklärt werden, damit es hierbei nicht zu Überraschungen kommt.
Wirtschaftlich ergibt sich aus dem Widerruf einer Rürup-Rente ein gemischtes Bild, das aber in vielen Fällen positiv ausfällt: Zwar muss man einen Teil der früher erhaltenen Steuerersparnisse zurücküberweisen, doch erhält man im Gegenzug sofortigen Zugriff auf das gebundene Kapital.
Insbesondere für Verträge, die sich als enttäuschend entwickelt haben (z. B. fondsgebundene Rürup- Renten mit Verlusten oder minimaler Verzinsung), kann die Rückabwicklung vorteilhaft sein – man bekommt sein eingezahltes Geld vollständig und verzinst zurück und kann es nun flexibler investieren oder verwenden.
Die Alternative, den Vertrag lediglich beitragsfrei zu stellen, würde bedeuten, dass das Geld bis zum Rentenalter im Vertrag verbleibt und erst dann in Form einer Rente (voll steuerpflichtig) ausgezahlt wird . Durch den Widerruf vermeidet man also, weiter an einen womöglich unattraktiven Vertrag gebunden zu sein.
Vergleich zur Kündigung: Eine reguläre Kündigung ist bei der Rürup-Rente – anders als etwa bei klassischen Lebensversicherungen – vertraglich nicht vorgesehen. Es gibt keinen Anspruch auf eine vorzeitige Kapitalauszahlung; bestenfalls kann man den Vertrag ruhen lassen.
Selbst bei Rentenbeginn darf nur eine Leibrente bezogen werden, keine einmalige Kapitalabfindung. Insofern ist der Widerruf mit Rückabwicklung der einzige Weg, um doch noch vor Rentenbeginn an das eingezahlte Kapital zu gelangen. Und selbst wenn man die Rürup-Rente hypothetisch vorzeitig hätte kündigen können, wäre die Auszahlung deutlich geringer ausgefallen als bei einer Rückabwicklung: Man hätte allenfalls den (gezillmerten) Rückkaufswert ohne Erstattung der Abschlusskosten erhalten.
Bei der Rückabwicklung hingegen werden auch Abschluss- und Verwaltungskosten sowie Zinsgewinne herausgegeben, was den Auszahlungsbetrag merklich erhöht.
Abschließend lässt sich festhalten:
Dank neuerer Urteile – insbesondere vom BGH – können Verbraucher unter bestimmten Bedingungen ihre Rürup-Verträge loswerden und finanziell rückabwickeln. Die juristischen Hürden (fehlerhafte Belehrungen, Dokumentationsmängel) sind zwar im Einzelfall genau zu prüfen, doch die Rechtsprechung hat hier ein verbraucherfreundliches Korrektiv geschaffen. Versicherungsnehmer, die ihre Basisrente bereuen, sollten prüfen lassen, ob ihr Vertrag solche formalen Fehler aufweist.
Im Erfolgsfall winkt die vollständige Erstattung aller Beiträge zzgl. Zinsen – allerdings muss man die einst genossenen Steuervorteile zurückzahlen und auf den Versicherungsvertrag selbst verzichten. Die Rückabwicklung kann die wirtschaftlich sinnvollere Lösung sein, wenn die Rürup-Rente nicht hält, was man sich einst davon versprach.
Quellenangaben: Die obigen Ausführungen stützen sich auf aktuelle Urteile und Veröffentlichungen, u. a. BGH- Entscheidungen aus 2023/2024 (Az. IV ZR 40/22, IV ZR 306/22), entsprechende OLG-Urteile (z. B. OLG Stuttgart und OLG Karlsruhe) sowie Fachbeiträge und Rechtstipps zur Rürup-Rückabwicklung.
Diese Quellen bestätigen die genannten Voraussetzungen (fehlerhafte Widerrufsbelehrungen, unvollständige Verbraucherinformationen etc.) und beleuchten die Folgen für Versicherungsnehmer im Detail, einschließlich steuerlicher Aspekte.
Liste der Quellen:
- BGH bestätigt Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung bei Generali Rürup-Rente – Mayer & Mayer Rechtsanwälte
https://www.mayerlaw.de/2024-02/ruerup-generali-bgh-rueckabwicklung
- Widerruf von Basisrentenverträgen (Rürup-Renten): BGH stützt Verbraucherrechte
https://www.anwalt.de/rechtstipps/widerruf-von-basisrentenvertraegen-ruerup-renten-bgh-stuetzt- verbraucherrechte-228168.html
- Widerrufsjoker: Droht Klagewelle nun auch bei Rürup-Renten? – Praxis – Versicherungsbote.de
- Rürup-Rente: OLG Karlsruhe verurteilt Nürnberger Lebensversicherung – Mayer & Mayer Rechtsanwälte
https://www.mayerlaw.de/2019-10/ruerup-rente-olg-karlsruhe-verurteilt-nuernberger-lebensversicherung - Rürup – vorzeitige Beendigung und Folgen
https://rechtsanwalt-in-chemnitz.de/ruerup-teil1-beenden-und-folgen/ - BGH bestätigt Rückabwicklung einer Allianz-Rürup-Rente – Mayer & Mayer Rechtsanwälte
https://www.mayerlaw.de/2023-10/bgh-rueckabwicklung-allianz-ruerup-rente - Wer nun aus der Rürup-Rente aussteigen kann – Handelsblatt
https://www.handelsblatt.com/finanzen/steuern-recht/recht/wer-jetzt-aus-der-ruerup-rente-aussteigen-kann-und-wer-darin- bleiben-sollte/100014698.html - Rürup-Rente – was passiert bei einem Widerruf mit dem Steuervorteil? | Steuerblog
https://www.steuerschroeder.de/blog/ruerup-rente-was-passiert-bei-einem-widerruf-mit-dem-steuervorteil/
